Schritt 1: Identifikation des Bauteils
Der erste Schritt zur Beseitigung von Knackgeräuschen an Deinem Fahrrad ist die Identifikation des betroffenen Bauteils. Oftmals kann es schwierig sein, herauszufinden, wo genau das Knacken seinen Ursprung hat. Besonders bei leichten, großvolumigen Bauteilen wie Carbonrahmen kann der Schall von einem Teil zum anderen übertragen werden, was die Suche erschwert.
Ein guter Ansatz ist es, gezielte Belastungstests durchzuführen, um festzustellen, welches Bauteil die Geräusche verursacht.
- Wenn Du beispielsweise im Wiegetritt fährst und das Knacken auftritt, ist es unwahrscheinlich, dass es vom Sattel kommt.
- Wenn Du die Füße nicht auf den Pedalen hast und hin und her wackelst, werden es nicht die Pedale, Kurbel oder das Innenlager sein.
Manche Quellen sind schnell gefunden, bei komplizierteren Fällen kann es hilfreich sein, z.B. solange Teile vom Rad abzubauen, bis das Geräusch verschwunden ist, z.B. Flaschenhalter und deren Schrauben.
In komplexeren Fällen kann auch der Austausch gegen Teile hilfreich sein, bei denen Du sicher bist, dass sie nicht knacken, wie Laufräder, Sattelstützen oder Pedale.
Gründe für Knackgeräusche
Es gibt verschiedene Gründe, warum es an Deinem Fahrrad zu Knackgeräuschen kommen kann. Zu den häufigsten gehören:
- Zu wenig Drehmoment: Wenn Bauteile nicht mit ausreichend Drehmoment angezogen wurden, können sie während der Fahrt Geräusche verursachen.
- Schmutz: Schmutz und Schmutzpartikel zwischen den Bauteilen können ebenfalls Knackgeräusche verursachen.
- Mangelnde Maßhaltigkeit: Ungenauigkeiten in der Fertigung oder Montage können zu Knackgeräuschen führen.
- Beschädigungen: Beschädigte oder abgenutzte Bauteile können ebenfalls Knackgeräusche verursachen.
Schritt 2: Beseitigung des Knackgeräuschs
Jetzt, da Du die möglichen Gründe für das Knackgeräusch kennst, möchten wir uns auf die häufigsten und einfachsten Lösungen konzentrieren, nämlich zu wenig Drehmoment und Schmutz zwischen den Bauteilen. Hier sind einige Beispiele:
Innenlager
Etwa 80% aller Knackgeräusche am Fahrrad stammen vom Innenlager. Oft wurden die Lagerschalen beim Hersteller trocken oder mit zu wenig Fett montiert. In diesem Fall ist es ratsam, die Kurbel zu entfernen, die Lagerschalen auszubauen, gründlich zu reinigen, gut zu fetten und sie dann mit dem richtigen Drehmoment (35 bis 50 Nm) wieder einzubauen. Eine Anleitung für die weit verbreiteten Hollowtech 2-Kurbeln haben wir Euch hier als Beispiel beschrieben:
Hollowtech II + BSA (Beispiel)
- Zuerst öffnest Du die Klemmschrauben an der linken Kurbel mit einem 5 mm Inbus.
- Die Kurbelschraube kannst Du mit einem Shimano TL-FC16 o.Ä. entfernen.
- Plastik Shim hochklappen, da sich hier noch eine Sicherung gegen das Abfallen der Kurbel befindet - dann Kurbel abziehen.
- Rechte Kurbel aus dem Innenlager ziehen. Ggf. musst Du mit einem Gummihammer sanft nachhelfen.
- Jetzt siehst Du die Lagerschalen. Wenn Du schon mal soweit seid, baut sie am besten sicherheitshalber zur Reinigung aus und fettet sie neu, damit Du Dreck und fehlendes Fett als Geräuschquelle ausschließen kannst.
- Auch ob der Rahmen entsprechend vorbereitet wurde vom Hersteller, kann man jetzt optisch inspizieren, Lacknasen oder Späne am Innenlagergehäuse sollten eigentlich der Vergangenheit angehören, kommen aber vor.
- Danach baust Du das Innenlager wieder ein und zieht es mit dem korrekten Drehmoment (35 bis 50 Nm) an. Du brauchst dafür einen Shimano TL-FC33 oder Ähnliches.
Beachtet, dass ein BSA Lager links ein Rechtsgewinde und rechts ein Linksgewinde hat! Es geht es also „nach vorne“ raus und „nach hinten“ rein. - Die Welle der Kurbel fettet bitte ebenfalls. Von rechts schiebst Du dann die Kurbel wieder in’s Innenlager und steckt die linke Kurbel wieder auf. Achtet darauf, dass die Kurbelarme im 180-Winkel zueinander stehen.
- Dann schraubst Du die Kurbelschraube wieder ein und zieht sie nur Handfest an. Shim wieder reindrücken und dann die Klemmschrauben wieder mit korrektem Drehmoment anziehen (12 bis 14 Nm).
Pedale
Eine sehr häufige Geräuschquelle sind auch falsch montierte Pedale (z.B. ohne Fett). Pedale am Fahrrad haben je ein Links- und ein Rechtsgewinde. Dankenswerterweise sind diese analog zur Seite auf denen montiert wird (im Gegensatz zu den Innenlagerschalen bei BSA). Zudem ist auf den meisten Pedalen auch eine Markierung zu finden mit mit L (links) und R (rechts).
Wer sich "righty tidy - letfy loosy" nicht merken kann - die Pedale werden "nach vorne" eingeschraubt und "nach hinten" demontiert.
Bei den Pedalen, die Du montierst, achtet darauf, dass das Gewinde sauber ist (bei neuen Pedalen natürlich unproblematisch). Sonst mit einem Tuch und Reiniger vom Dreck befreien. Pedalachsen sind aus Stahl oder Titan, da kann man auch mit härteren Reinigern rangehen, oder auch mal mit der Drahtbürste, falls nötig.
Wenn sie sauber sind, mit geeignetem Trennmittel behandeln, damit die Pedale nicht festbacken, wenn sie länger am Rad sind. Dafür eignen sich Montagepaste (anti seize), Fett oder Kupferpaste bei Titanachsen.
Falls vorhanden, die Unterlegscheiben mit montieren. Bei einfachen Pedalen ohne runde Auflagefläche der Achse an der Kurbel bitte ebenfalls U-Scheiben montieren. Die Kanten der Pedalachse können die Oberfläche der Kurbel beschädigen, es kann sonst zu Korrosion und langfristig dadurch zum Bruch der Kurbel kommen.
Dann schraubst Du die Pedale locker von Hand ein. Geht das schwer, ist das Pedal evtl. verkantet, das Gewinde ist nicht in Ordnung oder Du versuchst die falsche Seite einzuschrauben.
Jetzt noch mit dem entsprechenden Drehmoment anziehen (ca. 30 bis 35Nm oder Herstellerspezifisch). Benutzen kannst Du einen Drehmomentschlüssel und einen passenden Steckschlüssel Aufsatz (meist 6 oder 8 mm), wenn die Pedalachse das zulässt, oder - wenn es nur eine Aufnahme für einen Gabelschlüssel gibt einen Gabelschlüssel.
Lenker/Vorbau-Klemmung
Hast Du die Vorbau- / Lenkerklemmung als Geräuschquelle identifiziert, zieht erstmal mit dem Drehmomentschlüssel alle Schrauben mit dem vom Hersteller vorgegebenen Drehmoment an (meist 5 Nm).
Wenn das einfache Anziehen nicht geholfen hat, zerlegt die Teile, reinigt alles und nehmt auch hier die geeigneten Trennmittel für die Klemmflächen und Schrauben.
Auch bei einer Kombination aus Aluminium Lenker und Aluminium Vorbau oder am Gabelschaft empfehlen wir Carbomontagepaste, da diese die Reibung erhöht, statt sie zu verringern wie es beispielsweise bei Fett der Fall wäre. An diesen Bauteilen hast Du recht viel Hebelkraft. So verhinderst Du ein unbeabsichtigtes Verdrehen der Teile zueinander im Fahrbetrieb. Sobald eines der Teile aus Carbon ist, ist Carbonmontagepaste Pflicht, hier hat Fett oder anti-seize nichts verloren!
Mit diesen Maßnahmen solltest Du in der Lage sein, die meisten Knackgeräusche an Deinem Fahrrad erfolgreich zu beseitigen. Fahre sicher und genieße Deine Touren ohne lästige Geräusche.
Schritt 3: Prüfung auf Maßhaltigkeit oder Beschädigung
Sollte jetzt das Geräusch immer noch vorhanden sein, empfehlen wir Dir eine Prüfung auf Maßhaltigkeit oder Beschädigung durchzuführen.
Mangelnde Maßhaltigkeit ist schon schwieriger zu ermitteln. Wenn Du die knackenden Bauteile identifiziert hast, kannst Du im Internet die Maße ermitteln und mit einem Messschieber nachprüfen. Es gibt zwar immer irgendwelche Workarounds, aber das wollen wir Dir nicht empfehlen. Tausche lieber das Bauteil aus, das nicht maßhaltig ist (z.B., wenn der Vorbau zu groß ist, der Lenker zu klein ist oder die Sattelstütze untermaßig ist) - auch wenn es der Rahmen ist (Beispielsweise der Lagersitz vom Innenlager bei Pressfit übermaßig ist, was leider vorkommen kann).
Mehr als 1/10 mm Unterschied sollte bei Lenker und Vorbau oder Sattelstütze und Rahmen nicht sein.
Beschädigungen an Bauteile können eventuell ganz einfach oder fast unmöglich zu identifizieren sein. Du kannst das Bauteil optisch inspizieren und Risse, Quetschungen oder Brüche suchen, wenn Du gute Augen hast – evt. auch mit einer Lupe. Einfache Pedale mit Kunststoffkörper können beispielsweise reißen, besonders wenn Du einen Sturz hattest oder aufgesetzt bist.
Auch ausgeschlagene Lager oder lose Pedalachsen im Pedal kannst Du durch einfaches Wackeln am Pedal feststellen. Ob und wie das Pedal repariert werden kann, hängt jedoch stark vom Hersteller und der Konstruktion ab. Wenn bisher keine Erfolge erzielt wurden, empfehlen wir einen Belastungstest. Bei Carbonbauteilen kann man Beschädigungen möglicherweise nicht von außen erkennen. Ein Drucktest mit dem Finger kann helfen.
Wenn es um den Lenker geht, nimm alle Armaturen ab, lege den Lenker auf eine feste Unterlage, so dass die Enden überstehen (z.B., die Ecke einer Werkbank oder eines Tisches) und belaste ihn mit Deinem Körpergewicht. Falls es knirscht – dann weg damit.
Im Extremfall, wie das Röntgen des Rahmens oder ähnliche Untersuchungen, kann natürlich nicht mehr selbst durchgeführt werden.
Solltest Du auch hier die Geräuschquelle nicht identifiziert haben, wird es wirklich schwer. Da es fast jedes Teil am Rad sein kann, das ein Knackgeräusch macht, hier noch ein paar Kuriositäten aus unserer Werkstatterfahrung, auf die man nicht gleich kommt:
- Angerissener Kopf der Flaschenhalterschraube
- Lose Niete eines Gewindeeinsatzes am Rahmen
- Aufgeweitete Taschen der Sperrklinken am Freilauf
- Schnellspanner lose
- Stütze zu lang, reibt an Flaschenhalterniete im Sitzrohr
- Vernietung zwischen Ritzel und Ritzelträger der Kassette
- Presspassung Standrohre / Gabelkrone
- Presspassung Gabelschaft / Gabelkrone
- Spider der Kurbelgarnitur
- Kettenblattschrauben
- Geschraubter Pedalkäfig am Pedalkörper
- Nicht maßhaltige oder ausgeschlagene Lagersitze am Pressfit Innenlager, Steuersatz oder Hinterbaulager
- Sattelgestell knarzt in Satteldecke