Schrauben

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Schrauben allgemein

Titanschrauben in allen verfügbaren Farben
Ein kleines oft unterschätztes Bauteil, ohne dass unser Fahrrad nur eine Teilesammlung ohne Verbindungsmöglichkeit wäre. Schrauben werden aus unterschiedlichen Metallen wie Aluminium, Titan, Stahl oder selten auch aus Carbon hergestellt, es gibt sie in unterschiedlichen Längen, Durchmessern, mit verschiedenen Gewindesteigungen und Kopfformen, je nach Anwendung. Aufgrund dieser vielfältigen Unterschiede wird hier auf die wichtigsten Eigenschaften eingegangen.

Material
Die Auswahl des Werkstoffes einer Schraube ist von entscheidender Wichtigkeit, da dieser die Festigkeit und somit auch den Einsatzzweck der Schraube definiert. Aluminiumschrauben (Al7075) sind sehr leicht (Dichte 2,81 kg/dm³) haben aber eine geringe Zugfestigkeit (~ 500 N/mm²). Titanschrauben (Ti6AL4V) sind etwas schwerer (Dichte 4,4 kg/dm³) haben aber eine wesentlich höhere Zugfestigkeit (~ 900 N/mm²). Stahlschrauben haben die höchste Dichte (7,8kg/dm³) sind also am schwersten. Die Zugfestigkeit liegt legierungsabhängig zwischen 400 -1200 N/mm² (im Zweiradbereich kommen an sicherheitsrelevanten Bauteilen jedoch nur Legierungen mit einer Zugfestigkeit von 800 N/mm² oder mehr zum Einsatz). Selten kommen am Fahrrad auch Carbonschrauben zum Einsatz. Sie sind die mit Abstand leichtesten Schrauben, allerdings kann der Werkstoff Carbon seine Zugfestigkeit in Form einer Schraube nicht ausspielen, da Schrauben zusätzlich auf Abscherung belastet werden, was Carbon nur sehr schlecht aushält.

Festigkeit
Die Zugfestigkeit einer Schraube gibt an wie stark sie belastet werden darf, sprich wie viel die Schraube halten kann. Die wichtigsten mechanischen Eigenschaften werden bei Schrauben aus Stahl durch eine zweistellige Zahlenkombination benannt. Dies sind die Eigenschaften maximale Zugfestigkeit (gibt die Kraft an, die die Schraube maximal aushält) und Streckgrenze (die Kraft, bis zu der sich die Schraube elastisch verformt und nach Kraftwegnahme wieder in den Ausganszustand zurückgeht). Im Zweiradbereich kommen an sicherheitsrelevanten Bauteilen nur Stahllegierungen mit einer Festigkeitsklasse von mindestens 8.8 zum Einsatz, Titanschrauben (Ti6AL4V) sind mit dieser Festigkeitsklasse vergleichbar.

Hier ein kleines Rechenbespiel:

Festigkeitsklasse: 8.8
  • Errechnen der maximalen Zugfestigkeit: 1. Zahl x Faktor 100
    • 8 x 100 = 800 N/mm² maximale Zugfestigkeit
  • Errechnen der Streckgrenze: 1. Zahl x 2. Zahl x Faktor 10
    • 8 x 8 x 10 = 640 N/mm² Steckgrenze


Normierung und Messen

Hilfe beim Schraubenmessen

Bis auf wenige Ausnahmen (wie z.B. Tretlager und Pedalgewinde) haben alle Schrauben am Fahrrad ein metrisches Gewinde. Das metrische ISO-Gewinde ist ein weltweit standardisiertes Gewinde mit metrischen Abmessungen und 60 ° Flankenwinkel. Die erste

Angabe (z.B. M5 / M6 / M8 -> M6 x 20mm) gibt den Nenndurchmesser (d = Außendurchmesser des Gewindes / des Schafts) in mm an. Die zweite Angabe (z.B. x 20mm, x 40mm -> M6 x 20mm) gibt die Länge des Schafts und des Gewindes an (Schaft + Gewinde), also die Gesamtlänge ohne Kopf. Ausnahme sind hier Senkkopfschrauben, bei denen der Kopf mitgemessen wird! Die Gewindesteigung muss in der Regel nicht ermittelt werden, da diese sich entsprechend der ISO Norm nach dem Durchmesser richtet. Sofern nicht anders angegeben, handelt es sich bei den Schrauben im Shop um Regelgewinde. Ausnahmen gibt es beispielsweise bei den Kurbelschrauben, Canti-Sockel, vereinzelt auch bei Einstellschrauben. Diese haben ein sogenanntes Feingewinde. Die Gewindesteigung gibt (bei metrischen Gewinden) die Steigung des Gewindes pro Gewindegang in mm an. Ein Gewinde "1.00" steigt also pro Umdrehung um 1 mm. Messen lässt sich die Gewindesteigung am einfachsten mit einer Gewindeschablone bzw. mit einem Messschieber, mit dem man den Abstand zwischen zwei Gewindespitzen misst.



In unserem Video erfahrt Ihr wie Ihr Schrauben richtig ausmesst:

Standartwerte für Metrische Schrauben

Metrisches Maß Gewindedurchmesser (Regelgewinde) Gewindedurchmesser gemessen (außen) Gewindesteigung (Regelgewinde)
M3 3mm 2,93 - 2,97 0,50
M4 4mm 3,92 - 9,97 0,70
M5 5mm 4,92 - 4,97 0,80
M6 6mm 5,92 - 5,97 1,00
M8 8mm 7,88 - 7,95 1,25
M10 10mm 9,85 - 9,95 1,50
M12 12mm 11,85 - 11,93 1,75
Metrisches Maß Max. Anzugsmoment
(Titan Grade 5 - Ti6AL4V)
Max. Anzugsmoment (Aluminium 7075) Max Anzugsmoment Stahl (Festigkeit 8.8)
M3 1,73 0,75 1,50
M4 3,57 1,50 3,30
M5 6,90 3,00 6,50
M6 11,00 5,50 11,30
M8 28,30 13,00 27,30
M10 57,60 25,00 54,00
M12 97,50 43,00 93,00


Anwendung
Im Zweiradbereich kommen an sicherheitsrelevanten Bauteilen wie Bremsen, Vorbau, Lenker etc. nur Stahllegierungen mit einer Festigkeitsklasse von mindestens 8.8 zum Einsatz. Stahlschrauben der Festigkeitsklasse 8.8 können zur Gewichtsersparnis gegen Titanschrauben (Ti6AL4V) ersetzt werden, da diese eine vergleichbare Festigkeit haben. Es dürfen keine Schrauben mit niedrigerer Festigkeitsklasse verbaut werden (z.B. Aluminiumschrauben jeglicher Art oder niederfeste Stahlschrauben), da deren Zugfestigkeit zu gering ist und Bauteile möglicherweise versagen können. An wenig belasteten Bauteilen wie Schaltröllchen, Flaschenhaltern, Schalthebeln etc. werden gerne Aluminiumschrauben verbaut, da diese hier ihren Gewichtsvorteil ausspielen können. Die oft größten und somit schwersten Schrauben am Fahrrad sind meist die Dämpferschrauben. Hier ist jedoch besondere Vorsicht geboten da diese, je nach Hersteller und Modell, meist aus Stahl mit einer Festigkeitsklasse von 10.9 oder 12.9 gefertigt sind. Haben die Dämpferschrauben eine höhere Festigkeitsklasse als 8.8, so dürfen diese auf gar keinen Fall gegen Titanschrauben ersetzt werden, es besteht Bruchgefahr! Umgekehrt kann man jede niederfeste Schraube gegen eine mit höherer Zugfestigkeit austauschen.
 

Oberflächenbehandlung

Auch Titan lässt sich durch verschiedene Verfahren

Galvanisieren / Nitrieren
Galvanisieren ist ein Verfahren zur Oberflächenhärtung. Bei Temperaturen von ca. 500° C wird auf dem Werkstück durch Eindiffusion von metallischen Niederschlägen eine dünne, sehr harte oberflächliche Schicht aufgebraucht. Diese Schicht wird je nach Behandlungsdauer 10 - 30 µm dick. Sie ist bis ca. 500° C hitzebeständig und dient der Oberflächenhärtung. Nitrieren (eigentlich Nirtridieren) ist eine Galvano Technik, bei der in der Regel Kohlenstoff oder Stickstoff anstelle eines Metalls zum Einsatz kommt.


Anodisieren / Eloxieren
Anodisieren ist eine Methode zum Erzeugen einer oxydischen Schutzschicht auf Metallen (Eloxieren ist eine Abkürzung für die Elektrolytische Oxidation von Aluminium, ist also ein Anodisier-Verfahren für Aluminium). Im Gegensatz zum Galvanisieren wird hier kein zusätzlicher Stoff aufgebraucht, sondern die Oberfläche des Werkstücks durch chemische Reaktion in ihren Eigenschaften verändert. Dies geschieht durch Elektrolyse unter Zuhilfenahme von Strom, Temperatur und einer Säure. Die Farbe des Werkstücks wird durch Farbstoffe erzeugt, die während des Prozesses beigemengt werden. Das Ergebnis ist eine gehärtete, korrosionsbeständige Oberfläche. 

Farbgebung
Die Bandbreite an möglichen Farben ist durch die Wahl des Materials vorgegeben. Während bei dem in der Fahrradtechnik häufig zum Einsatz kommenden Aluminium 7075 eine große Bandbreite an kräftigen Eloxalfarben möglich ist, ist man bei anderen Materialien wie Titan Gr. 5 (Ti6AL4V) wesentlich eingeschränkter und die Farben sind generell blasser, aufgrund der geringer mächtigen Reaktionsschicht. Hier ist man weitestgehend auf blau, gold, violett und grün beschränkt.

Die Bandbreite an Eloxalfarben ist sehr breit


Schmiermittel / Schraubensicherung
Zum Schutz vor Kontaktkorrosion ("Festfressen") und um beim Festdrehen zu große Reibung zwischen Schraube und Aufnahme zu verhindern, empfiehlt sich die Verwendung eines Schmiermittels (z.B. Fett). Dadurch lässt sich die Schraube leicht einschrauben und auch nach langer Zeit wieder problemlos lösen. Allerdings wird auch ein ungewolltes Lösen der Schraube durch Vibration begünstigen. Daher empfehlen wir generell bei Alu- und Titanschrauben den Einsatz von Loctite Schraubensicherung (mittelfest – blau – z.B. Loctite 243). Ebenso wie Titanfett o.Ä. hat Loctite korrosionsverhindernde Eigenschaften, senkt allerdings zusätzlich das benötigte Drehmoment um bis zu 30% und erschwert ein Lösen der Schraube durch Vibration. Wenige Tropfen Loctite auf das Schraubengewinde reichen bereits.